
Das gute alte Fernsehen
Paraderolle für Hansi Klees bei der Brettener Bütt
Über facebook regt sich alle Welt auf. Den Fastnachtern allerdings liefert das soziale Netzwerk ungezählte Steilvorlagen. Nicht nur die, die Bernd Neuschl gleich zu Beginn der 46. Bütt aufnahm und ein Selfie mit dem Publikum der vor Narren überquellenden Stadtparkhalle im Hintergrund in die Welt hinaus schickte.
Wer wüsste davon ein besseres Lied, oder besser gesagt einen Rap zu singen als die beiden jüngsten Aktiven Antonia Giesche und Sarah Knötig. Die beiden Lausemädels bedienten sich ebenso kräftig der digitalen Klaviatur.
Nichts Gutes an der neuen Technik konnte hingegen Hansi Klees finden. Ganz vom alten Schlag und Korn geiselte er die Entwicklungen der modernen Fernsehlandschaft. „Dalli Dalli“ mit Hans Rosenthal, Harald Juhnke, Peter Frankenfeld, Rudi Carrell und Harald Juhnke, das seien seine Stars gewesen. Heute stehe schon die Form der Fernseher für ihren Inhalt. In einen Flachbildschirm könne eben einfach nichts so Inhaltsreiches reinpassen wie in den guten alten Röhrenbildschirm, Gott hab ihn selig. Das gipfelte schließlich in seiner Forderung, wer sich als Zuschauer einer der RTL-Flachsendungen oute, könne nicht ernsthaft zu Wahlen zugelassen werden.
Keinen Pult, keine Bütt brauchte er für diese Botschaft. Hansi Klees pur füllte mit seiner Persönlichkeit die Bühne vollständig aus. Höchstens eine alte bemitleidenswerte Krawatte, die leider Gottes den donnerstäglichen Scherenattacken entkommen war, deutet auf den Narren in Klees hin. Das Publikum reagierte geradezu euphorisch auf seinen Wortwitz. Wer weiß, wann der Beifall aufgehört hätte, hätte ihn Bernd Neuschl nicht unterbrochen.
Der seinerseits holte nach der Pause zum großen Doppelschlag aus. Als Herwig Nudlhuber war er bereits zum elften Mal in der Bütt. Schon zehn Mal also hatte er bewiesen, dass seine zunächst spitzen Bemerkungen in Richtung eines Fraktionskollegen wie auch des Oberbürgermeisters ebenso für Begeisterung im Publikum sorgen wie die Kalauer, die krachledern wie sein Outfit daherkommen. Keine Überraschung also an der Begeisterungsfront.
So Altbewährtes kann nur getoppt werden von etwas noch nie Dagewesenem. Das gelang Neuschl mit einem gewissen Professor Schissmoll von der Mannheimer Flopakakademie. Der Xavier-Naidoo-Verschnitt am keyboard schwadronierte im tiefsten Blues-Bass über den gar nicht ratsamen Inhalt von öffentlich aufgestellten Nussschüsselchen. Den Vogel schoss Neuschl aber mit seinem „Alle meine Entchen“ ab. Diesem minimalistischen, musikalischen Ausgangspunkt verpasste er auf unnachahmliche Weise ein Wechselkleidchen, in dem mal Reinhard Mey steckte, dann wieder Udo-Lindenberg und Elton John. Den rasenden Applaus mochte er nicht mit der verdienten Zugabe belohnen, sondern konterte ihn schlicht mit der Rückverwandlung in seinen vorigen Status als Elferratspräsident.















Nur kurz unterbrochen worden war er in seinen beiden Paraderollen von dem Dreigestirn Sabine Müller, Anette Giesche und Daniela Mößner Sie versuchten ihr Hüftgold in der Sauna zu bekämpfen und gewährten tiefe Einblicke auch ins Seelenheil. Günter Wolf hingegen hatte als Ortsbüttel Beeeekanntmachungen von öffentlichem Interesse parat, beispielsweise von dem Liebessturm in der Zeitungslandschaft und rund um den Pfeiferturm.
Pfarrer Harald Maiba enterte in diesem Jahr als Pirat die Bütt, erwies sich als trinkfest und leerte seine Buddl bis auf den letzten Tropfen. Bretten und die anderen Glieder der Seelsorgeeinheit können sich glücklich schätzen einen Geistesmann an der Spitze zu haben, der mit so viel Humor gesegnet ist und auch mal lästern kann über die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen. Dabei bediente er sich sogar alter Piratenlieder.
Mit Liedern glänzten ebenfalls die Hofsänger, die ihre Moritaten zu lokalen Ereignissen in ein Ratespiel rund um das „Hallelujah“ gegossen hatten und in Begleitung der Stadtkapelle für manche Stimmungsrunde und gute Laune sorgten. Für die optischen Zungenschnalzer waren die beiden Funkenmariechen Angelina Cosi-Montes und Elisa Schnorr, die Show- und Gardetanzgruppe und zuguterletzt mit allerdings etwas ungelenkeren Bewegungen das Elferratsballett zu einem Michael-Jackson-Medley zuständig. Ehrenpräsident Fredy Ersch beendete nach viereinhalb Stunden das Programm mit der Brettener Nationalhymne: “In Breddä ischs halt schee“.
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