
Wie funktioniert das digitale Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag?
Dienstag, 29. april 2025, 15:36 Uhr, Berlin – Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) steht kurz vor dem Abschluss ihres mitgliederentscheids über den Koalitionsvertrag mit der Union. Die digitale Abstimmung, die am 15.April begann, endet heute um Mitternacht. Morgen soll das ergebnis bekannt gegeben werden.
Nach der Bundestagswahl am 23.Februar 2025, bei der die SPD mit 16,4 % der Zweitstimmen ihr bislang schlechtestes Ergebnis erzielte, entschied sich die Parteiführung unter den Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil für Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU. Der daraus resultierende Koalitionsvertrag wurde am 9. April vorgestellt.
Die digitale Abstimmung ermöglicht es den rund 360.000 SPD-Mitgliedern, unabhängig von Alter und Staatsangehörigkeit, ihre Stimme abzugeben. Stimmberechtigt sind alle, die bis zum Stichtag 23. März 2025 in die Partei eingetreten sind. Für eine Annahme des Koalitionsvertrags ist eine Mindestbeteiligung von 20 % erforderlich, wobei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen zustimmend sein muss.
Die Entscheidung, die Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen zu lassen, hat innerhalb der Partei sowohl Zustimmung als auch Kritik hervorgerufen. Einige Mitglieder sehen darin eine Stärkung der innerparteilichen Demokratie, während andere Bedenken hinsichtlich der Verbindlichkeit und der möglichen Auswirkungen auf die Regierungsbildung äußern.
Die Jusos, die Jugendorganisation der SPD, haben bereits angekündigt, den Koalitionsvertrag abzulehnen. Sie argumentieren, dass die im Vertrag festgelegten Inhalte nicht ausreichend seien, um die sozialdemokratischen Kernanliegen zu vertreten. Die neue Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann betonte, dass ein Nein zum Vertrag nicht als Ablehnung der Parteiführung zu verstehen sei, sondern als Ausdruck des Wunsches nach einer stärkeren sozialdemokratischen Handschrift in der Regierungspolitik.
Die Parteiführung unter Esken und Klingbeil hat in den vergangenen Wochen intensiv für den Koalitionsvertrag geworben. Sie betonen die erzielten Erfolge in den Verhandlungen, wie die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 12 Euro, Investitionen in Bildung und Infrastruktur sowie Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Gleichzeitig räumen sie ein, dass Kompromisse notwendig waren, um eine stabile Regierung zu bilden.
In den Umfragen zeichnet sich eine knappe Mehrheit für die Annahme des Koalitionsvertrags ab. Eine Emnid-Erhebung ergab, dass 70 % der SPD-Wähler ein Ja zum Vertrag befürworten. Allerdings ist die Stimmung innerhalb der Parteibasis gemischt, und viele Mitglieder sind noch unentschlossen.
Sollte der Mitgliederentscheid positiv ausfallen, wäre dies das dritte Mal, dass die SPD ihre Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen lässt.Bereits 2013 und 2018 wurden ähnliche Verfahren durchgeführt, bei denen die Mitglieder jeweils mehrheitlich für die Koalitionsverträge stimmten.
Die Bekanntgabe des Ergebnisses wird für den 30. April erwartet. Unabhängig vom Ausgang des Votums steht die SPD vor der Herausforderung, ihre Position innerhalb der Bundesregierung zu stärken und das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen.